Unruhe | Hindernisse in der Meditation

Unruhe | Hindernisse in der Meditation. Symbolisiert durch ein Gefäß mit stark bewegtem, unruhigen Wasser.
Unruhe | Hindernisse in der Meditation

Unruhe ist ein vielschichtiges Hindernis in der Meditationspraxis, das sowohl den Körper als auch den Geist betrifft. Hast du dich jemals während der Meditation unruhig oder zappelig gefühlt, als ob du einfach nicht stillsitzen könntest? Kennst du das Gefühl, dass trotz körperlicher Stille dein Geist und deine Emotionen wie aufgewühltes Wasser zu sein scheinen? Hast du schon einmal darüber nachgedacht, was hinter deiner Unruhe während der Meditation stecken könnte?

Diese Form des inneren Aufruhrs kann sich als körperliche Rastlosigkeit oder als emotionale Unruhe manifestieren. In beiden Fällen kann es schwierig sein, Sammlung, Frieden und Stille zu finden, was für tiefe meditative Zustände unerlässlich ist.

Die Natur der Unruhe

Unruhe in der Meditation ist oft ein Zeichen dafür, dass wir innerlich noch nicht zur Ruhe gekommen sind. Manchmal entsteht aber auch diese Unruhe aus der Ruhe, aus der Beruhigung selbst. Körperliche Unruhe kann sich durch ständiges Zappeln, Jucken, oder durch plötzliche Schmerzempfindungen äußern, die anscheinend aus dem Nichts auftauchen. Emotionale Unruhe kann sich in einem Strom von Gedanken, Sorgen und emotionalen Turbulenzen zeigen, die uns vom gegenwärtigen Moment ablenken.

Unruhe im Spiegel der Meditation

In der Meditation wird das Hindernis der Unruhe oft durch das Bild von aufgewühltem Wasser dargestellt. Wenn wir versuchen, im Bestreben uns selbst zu erkennen, im Bild des nach Selbstkenntnis suchenden Menschen unser Spiegelbild in einem aufgewühlten Gewässer zu erkennen, ist es nahezu unmöglich, eine klare Reflexion zu sehen. Diese Metapher illustriert, wie innere Unruhe unsere geistige Klarheit trüben und es uns erschweren kann, zu tieferen Einsichten zu gelangen.

Ursachen der Unruhe

Die Gründe für Unruhe sind vielfältig. Körperliche Unruhe kann durch eine einfache Überforderung oder durch den Wunsch entstehen, die Meditation „perfekt“ durchführen zu wollen. Wenn der Geist seiner gewohnten Zerstreuungen beraubt wird, kann er mit körperlichen Symptomen reagieren, wie z.B. mit einem plötzlichen Juckreiz, dem Verlangen nach Bewegung, dem Wunsch die Sitzhaltung zu verändern oder mit unerklärlichen Schmerzen. Diese Reaktionen können als eine Art von innerem Widerstand gegen die Stille der Meditation verstanden werden.

Emotionale Unruhe kann komplexere Ursachen haben. Schuldgefühle oder Scham für Ereignisse aus unserem Leben, für Tun oder Unterlassen. Auch diese zu erkennen, anzuerkennen, ist kann als Aufgabe in der Meditation auf uns zukommen.

Beides kann uns auch auf unsere Verletzlichkeit hinweisen.

Umgang mit körperlicher Unruhe

Bei körperlicher Unruhe ist es wichtig, eine stabile Haltung zu finden, in der über Jahrtausende entwickelten Haltung anzukommen, auf diese zu vertrauen und sich dann möglichst wenig zu bewegen, um den Geist nicht zusätzlich zu stimulieren. Kleine Anpassungen der Haltung – vielleicht könnte man sagen: in Richtung der optimalen Haltung – können hilfreich sein, um den Körper zu beruhigen. Es ist jedoch entscheidend, dass wir nicht jedem Impuls nachgeben, da dies die Unruhe nur verstärken kann.

Es kann damit zu tun haben, dass der Geist, wenn man ihm alle Zerstreuungen wegnimmt, beginnt, selbst Symptome zu produzieren. Plötzlich bekommen wir dieses faszinierende Ameisenlaufen auf der Haut. Oder ungeheures Ziehen oder Beißen oder Jucken oder Niesreiz. Da gibt es eine ganze Reihe von Sachen. Schluckzwänge sind sehr häufig.

Der Geist macht sich verrückt mit dem Körper. Er bietet etwas an. Es ist zwar unangenehm, aber da läuft zumindest etwas. Oft ist es so, dass wir uns an diesen Dingen festhalten können. Nicht noch eine öde, endlose Meditationsrunde. Lieber ein bisschen „Leiden“.

Und sobald wir diesen Dingen nachgeben, fördern und bekräftigen wir diese Körperempfindungen. Während wir gegen diese Körperempfindungen arbeiten – sei es nur das Beseitigen der Falte in der Kleidung, die vermeintlich die gesamte Blutzufuhr abschneidet und uns demnächst unser Bein verlieren lässt – ist es sehr wahrscheinlich, dass in kürzester Zeit irgendwo etwas Neues auftaucht.

Es ist also wichtig, dass wir nicht andauern in dieses Verhandeln mit uns selbst einsteigen. Hilft jetzt eine Bewegung? Soll ich die Haltung verändern? Vielleicht nur ein bisschen? – Die Erfahrung dabei ist: Sobald wir nachgeben, beginnt das Verhandeln erneut. Dadurch wir das Sitzen unruhig. Ein ruhiger Körper ist eine notwendige – noch keine zwingende – Voraussetzung, dass auch der Geist ruhig werden kann. In einem unruhigen Körper kann der Geist nicht zur Ruhe kommen.

Vieles ist gewonnen durch Entschiedenheit und den Entschluss nicht einzusteigen. Vor allem auch nicht mit Aversion / Ablehnung. Diese physiologischen Ängste, was da alles schief gehen könnte.

Oft ist es hilfreich vor oder zwischen den Meditationsrunden Körperarbeit (Dehnen, Lockern, …) zu machen. Spaziergänge sind bei intensiverer Meditation z.B. in Sesshins wunderbar. Sie kanalisieren etwas von dieser Rastlosigkeit.

Umgang mit emotionaler Unruhe

Die emotionale Unruhe, man könnte sie auch als Unruhe des Herzens benennen, ist oft tiefer und komplexer. Sie kann echte Gewissensbisse oder Reue über vergangene Handlungen beinhalten, die uns in der Stille der Meditation einholen. Wichtig ist, dass wir diese Gefühle anerkennen und uns nicht selbst bestrafen, indem wir uns in schmerzhaften Gedankenschleifen verlieren. Stattdessen sollten wir lernen, unsere Reaktionen zu beobachten und zu verstehen, ohne ihnen nachzugeben.

Diese Unruhe des Herzens kann real oder völlig irreal sein. Es kann echte Reue sein, die uns packt, echte Gewissensbisse für Dinge, die wir jetzt gerade nicht ändern können, die uns aber einholen.

Wenn uns der Schmerz von den Dingen einholt, die wir in unserem Leben verantworten und die wir nicht an uns herangelassen haben, kann es sein, dass uns das in Meditation begegnet. Es ist sehr schwer, wenn wir wirklich unseren Erkenntnissen hinterhergelebt haben und Dinge tun, die gegen unser besseres Wissen und Vermögen sind.

Dann tut uns das weh. Das ist eine ethische Sensibilität, die wir haben und auf die ist ganz vieles aufgebaut in der Geistesschulung durch Meditation. Wenn uns das im Sitzen in der Meditation einholt, dann kann das sehr schmerzlich sein, sehr betrübend. Das kann uns traurig oder es kann uns verzweifelt machen und natürlich ist es ruinös für die Geistessammlung. Es ist also wichtig, dass wir uns, wenn solche Dinge auftauchen, freundlich mit uns selbst davon erst einmal lösen, und dass wir uns innerlich wie eine Notiz machen, dass da etwas zu tun ist im Leben.

Einige dieser Dinge sind wirklich Dinge, die wir umsetzen müssen. Als Änderung in unserem Leben. Aber das wir das jetzt – in der Meditation – gerade nicht tun können.

Und diese Emotionen können ganz unterschiedlicher Natur sein. Reue, Schmerz oder Scham. All diese Dinge sind möglich. Manchmal taucht so ein Element der Selbstbestrafung auf. Wir lassen uns damit nicht in Frieden. Wir fühlen uns schuldig. Das hilft nicht wirklich weiter. Während Reue nützlich sein kann. Sie kann ein Antrieb sein, Verhalten zu ändern.

Aber es ist wichtig, dass wenn uns Scham und Reue packen, dass uns klar ist, dass wir jetzt im Augenblick des Sitzens gerade wenig tun können und dass wir uns nicht plagen, indem wir uns die schmerzliche Szene wieder und wieder einblenden und uns mit Selbstbestrafung wenigstens diese Zeit jetzt schwer machen.

Man kann sich allerdings die Handlungsebene dazu bewusstwerden lassen. Wie kann ich dem, was hier in mir hochkommt, handelnd begegnen? Was kann ich tun in meinem Leben? Dann kann man eine Entscheidung treffen. Vielleicht eine Entschuldigung oder Wiedergutmachung angehen, wenn wir nach der Meditation wieder in den Alltag einsteigen. – Dann sich klar machen, dass im Moment keine Handlungsfähigkeit besteht. Das kann helfen, die Ruhelosigkeit zu beenden. Ebenso wie Metta-Meditation, um nicht in eine Spirale von Schuldgefühlen und Abwehr der Schuldgefühle beginnen zu lassen.

Praktische Tipps zur Bewältigung von Unruhe

  1. Achtsamkeit auf den Atem und Körperbetrachtung: Konzentriere dich auf deine Atmung, um den Geist zu beruhigen und die körperliche Präsenz zu stärken. Gehe dann in die Körperbetrachtung. Es kann hilfreich sein, einen Schmerz z.B. genau anzuschauen, zu erforschen und liebevoll zu begleiten. Oft verringert sich dann dieses Schmerzgefühl. Oder es verschwindet ganz.
  2. Körperarbeit und Bewegung: Leichte körperliche Aktivitäten wie Dehnungsübungen, Lockerungen oder auch Gehmeditation können helfen, körperliche Rastlosigkeit zu reduzieren.
  3. Metta-Meditation: Die Praxis der liebenden Güte und des Selbst-Mitgefühls (Metta) kann emotionale Unruhe mildern, indem sie uns hilft, Mitgefühl und Verständnis für uns selbst und andere zu entwickeln.

Fazit

Unruhe in der Meditation stellt eine Herausforderung dar. Sie kann sich in körperlicher Unruhe in der Form von Rastlosigkeit zeigen. Oder als emotionale Unruhe. Beides bietet jedoch auch eine wertvolle Gelegenheit, einen Umgang damit zu finden. Es ist ein Prozess zwischen Körper und Geist und eine Art das eigene Bewusstsein zu erkunden, eine ganz besondere Form des Selbsterkennens und von Wachstum. Indem wir lernen, unsere innere Unruhe zu verstehen und konstruktiv damit umzugehen, können wir Wege zu tieferem innerem Frieden und zu einer erfüllenderen Meditationspraxis finden.

Im nächsten Beitrag unserer Serie werden wir das Hindernis der Zweifel betrachten und Strategien entwickeln, wie wir auch dieses effektiv überwinden können. Bleib dran, um mehr zu erfahren!

Weitere Beiträge in dieser Reihe:

Hindernisse in der Meditation | Übersicht

Begehren | Hindernisse in der Meditation

Abneigung | Hindernisse in der Meditation

Trägheit | Hindernisse in der Meditation

Unruhe | Hindernisse in der Meditation

Zweifel | Hinderniss in der Meditation

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2 Antworten zu Unruhe | Hindernisse in der Meditation

  1. Jo Tai Jun sagt:

    Klasse dargelegt.

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