Ichigo ichie – diese eine Gelegenheit im Leben

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Ichigo ichie – diese eine Gelegenheit im Leben

Ichigo ichie – oder der Betonung nach geschrieben als ichi-go ichi-e – ist ein japanischer Begriff für die Einmaligkeit des Moments. Jedes Moments. Dies zu begreifen verändert die Art und Weise des Lebens selbst.

Der Do im Zen

Das Fundament der Zen Meditation ist Zazen, die Meditation im Sitzen. Zazen ist die zentrale Übung im Zen. So zentral die Meditation im Zen auch ist, so ist das doch nicht alles. Zen endet nicht auf der Meditationsmatte. Es gilt alle Erfahrungen, Einsichten, Zustände oder was auch immer auf der Matte „passiert“ über die Zeit der Meditation, über den Mattenrand hinaus ins Leben zu bringen.

Mit dieser inneren Haltung wird dann das Handeln ein Weg, ein Do. Ein Do entsteht dann, wenn ich mir ganz bewusst bin, was ich da gerade tue. Wenn ich mich vollkommen auf diesen Moment einlasse und mich ganz und gar diesem Tun und diesem Moment hingebe, eins damit werde.

Viele Dos – Zen im Tun

So sind aus dem Zen viele solcher Dos, solcher Wege entstanden. Sei es in den Kampfkünsten wie dem Schwertkampf (Kendo), dem Judo, Karate, Aikido, der Kunst des Bogenschießens (Kyodo) oder auch in der Kunst. Die Kunst des Blumensteckens (Ikebana) oder die Kalligraphie (Sado) sind ebenso Ausdruck von „Zen im Tun“ wie das Verfassen klassischer Haikus (kurze Gedichte nach strengen Regeln und inhaltlichem Bezug zu Natur und dem Moment).

Einer der bekanntesten Dos ist der Teeweg, der Ablauf einer Teezeremonie.

Ichigo ichie – aus der Teezeremonie

Der Begriff ichigo ichie wurde von einem der bekanntesten Teemeister in Japan, Sen no Rikyū, im 16. Jahrhundert geprägt. Ichigo ichie kann mit „ein Moment, ein Zusammentreffen“ und auch mit „In diesem Augenblick, eine Gelegenheit“ übersetzt werden. Das bedeutet, dass jede Begegnung, alles, was wir erleben, ein einzigartiger Schatz ist, der sich nie wieder auf dieselbe Weise wiederholen wird. Wenn wir es uns dies also entgehen lassen, ohne es zu genießen, ist der Augenblick für immer verloren.

Ichigo ichie heute

Sich des ichigo ichie bewusst zu werden, hilft uns, den Fuß vom Gas zu nehmen und uns daran zu erinnern, dass jeder Morgen, den wir in der Welt verbringen, jeder Augenblick, den wir mit unseren Kindern, mit Freunden und mit unseren Lieben verbringen, unendlich wertvoll ist und unsere volle Aufmerksamkeit und Wertschätzung verdient.

Die Kultivierung und Praxis des Ichigo ichie ermöglicht es, ein glücklicheres, erfüllteres Leben zu führen, ohne sich von der Vergangenheit bedrängt zu fühlen oder sich um die Zukunft zu sorgen. Du lernst, vollständig in der Gegenwart, im jetzt, zu leben und das Geschenk jedes Augenblicks anzuerkennen und zu schätzen.

Ichigo ichie umfasst sowohl die Idee, jeden Augenblick zu beobachten und zu schätzen, als auch die Praxis, diese Aufmerksamkeit zu nutzen, um Harmonie mit anderen und die Liebe zum Leben selbst zu erreichen. Die Lehren des Zen geben uns viele Möglichkeiten, ichigo ichie in unser tägliches Leben zu integrieren.

Die folgenden Impulse sind besonders nützlich, um die Beobachtungsgabe zu verfeinern:

  1. Setze dich einfach hin und sehe, was passiert: Unsere geistige Kurzsichtigkeit veranlasst uns oft, weit weg – in Raum und Zeit – nach dem zu suchen, was wirklich direkt vor uns liegt. Zen lehrt uns, uns einfach hinzusetzen und den Augenblick zu umarmen. Ohne weitergehende Ambitionen als dies. Wenn wir mit anderen Menschen zusammen sind, feiern wir ihre Gesellschaft als ein Geschenk.
  2. Genieße diesen Moment, als wäre es dein letzter Atemzug: Man kann nur einen Tag auf einmal leben, und niemand kann sicher sein, dass er am nächsten Morgen aufwachen wird. Schiebe also das Glück nicht auf. Der beste Moment deines Lebens ist immer dieser.
  3. Vermeide Ablenkungen: Ein altes japanisches Sprichwort besagt, dass ein Jäger, der auf zwei Beutetiere gleichzeitig zielt, keines töten wird. Dasselbe passiert, wenn wir versuchen, einem Gespräch zu folgen oder ein Buch zu lesen, während wir gleichzeitig unser Telefon überprüfen. Zen lehrt uns, eine Sache nach der anderen zu tun, als wäre sie die wichtigste Sache der Welt. Wenn man es auf diese Weise tut, wird es zweifellos auch so sein.
  4. Befreie dich von allem, was nicht wesentlich ist: Einen erfahrenden Reisenden erkennt man eher an dem, was er zu Hause lässt, als an dem, was er im Koffer hat. Das Leben ist ein aufregendes Abenteuer, durch das man am besten mit leichtem Gepäck reist. Deshalb frage dich jeden Tag, wenn du dich überfordert fühlen: „Was kann ich loslassen?“
  5. Sei dein eigener Freund: Anstatt sich mit anderen zu vergleichen und sich Gedanken darüber zu machen, was andere Menschen über dich denken, gehen davon aus, dass du in der Welt einzigartig sind. Und so ok, wie du bist.
  6. Feiere deine Unvollkommenheit: Wenn nicht einmal die Natur in ihrer ganzen Komplexität, mit all dem, was entsteht, geboren wir, vergeht und stirbt, perfekt ist, warum solltest du es dann sein? Jedes Versagen, jeder vermeintliche Fehler lehrt dich etwas auf deinem Weg. Jeder Fehler ist eine Einladung, einen Diamanten zu polieren. Wenn du den Willen hast, dich zu entwickeln, zu wachsen, dann ist es perfekt, unvollkommen zu sein.
  7. Übe Mitgefühl: Aus buddhistischer Sicht bedeutet mit jemandem mitfühlen, kein Mitleid oder mitleiden, sondern vielmehr ein tiefes Einfühlungsvermögen. Das erlaubt uns, auf die Situation des anderen einzugehen, um seine Beweggründe und vielleicht auch seine Fehler zu verstehen. Jeder Mensch handelt aus seinem Moment des persönlichen Wachstums, in dem er sich befindet. Selbst wenn er sich hasserfüllt verhält, ist es das, was er gerade tun kann.
  8. Lasse deine Erwartungen los: Vorhersagen zu machen, darauf zu warten, dass bestimmte Dinge geschehen, ist ein garantierter Weg, den Moment auszulöschen oder ihn zu verpassen. Ichigo ichie wird mit dem vom Zen gelehrten klaren, offenen Geist erfahren.

Das Leben ist eine Frage von jetzt oder nie

Die Kultivierung und Praxis des ichigo ichie ermöglicht es, ein glücklicheres, volleres Leben zu führen. Ohne sich von der Vergangenheit bedrängt zu fühlen oder sich um die Zukunft zu sorgen. Man lernt, vollständig in der Gegenwart zu leben und das Geschenk jedes Augenblicks anzuerkennen und zu schätzen.

Schiebe also niemals besondere Momente auf. Jede Gelegenheit bietet sich nur einmal. Wenn du sie nicht wahrnimmst, ist sie für immer verloren. Das Leben ist eine Frage von jetzt oder nie.

Lebe in dem Bewusstsein, dass alles, jede Begebenheit, jede Begegnung einzigartig ist und genau einmal geschieht. Deshalb ist es inspirierend, jeden, dem wir begegnen mit „ichigo ichie“ zu begrüßen und zu verabschieden, um uns die Einzigartigkeit und Einmaligkeit jeder Begegnung bewusst zu machen. Ichigo ichie!

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