Zen und Kunst ist mehr als eine Art Einfluss des Zen auf Kunst, oder eine Beeinflussung in der Kunst. Zen selbst macht einfache Tätigkeiten – wie das Arrangieren von Blumen, das Kunstvolle Schreiben, das zelebrieren des Tee-Trinkens oder der literarische Ausdruck von Stimmungen in der Natur – zur Kunst. Dabei bleibt Zen auch in der Kunst das, was es ist. Ursprünglich, klar, einfach, aus dem Moment heraus. Nicht gekünstelt oder gar künstlich.
Zen bedeutet in seinem Wortursprung nichts anderes als Meditation. Und doch ist damit nicht gemeint, dass Zen „nur“ die Meditation auf der Matte ist, nur das Sitzen in Stille. Nur Zazen (za = sitzen, zen = Meditation). Natürlich steht Zazen als Übung im Zentrum des Zen. Das mit sich sein. In der Stille. Auf sich selbst geworfen und doch verbunden mit allem.
Qualitäten des Zen
Es entsteht das Wahrnehmen dessen, was ist. Mehr Klarheit. Gelassenheit. Innere Ruhe. Vielleicht tiefere Einsichten und Orientierung. Und ja, vielleicht auch Entspannung, nach der alle so gierig suchen.
Zen endet aber nicht auf der Matte. Es gilt diese Qualitäten aus dem Zazen – die Klarheit, Gelassenheit, Ruhe und die eine oder andere Einsicht – von der Matte mit ins Leben zu nehmen. In alle Tätigkeiten. Zen ist Tun im Alltag. Dort entfaltet es Wirkung.
Eine erste Übung von der Matte in den Alltag, vom Zazen („nur sitzen“) in den Alltag, ist die Gehmeditation („nur gehen“, ganz bewusst). Sie bringt die Qualitäten aus der Meditation auf der Matte in die Bewegung, in den Alltag.
Zen und Kunst
Zen kann – vielmehr sollte – sich in allem Tun, in allen Tätigkeiten wiederfinden. Dann ist es lebendig, ist in unserem Handeln, transformiert. Es gibt viele Formen des Tuns, wo dies erkennbar ist. Viele Kampfkünste sind zen-geprägt. Der Schwertkampf (Kendo), der Weg des Bogenschießens (Kyodo), Judo (Jujutsu), Karate oder Aikido. Alles Formen von Zen in Bewegung, Zen im Tun.
Und so ist auch mit vielen Künsten, die Ausdruck von Zen sind: Da ist das kunstvolle Arrangieren von Blumen, Moos und Zweigen (Ikebana). Die Kunst des meditativen Einlassens auf die Schriftzeichen (Shado / Kalligraphie) oder die Literaturform des Haiku als einem klassischen, kurzen Gedicht mit Bezügen zu Natur und Jahreszeiten. Letztendlich ist auch der Teeweg (Chado), die Kunst der Teezeremonie, Ausdruck von Zen.
Die Entwicklung von Zen und Kunst
Bald nach seiner Ankunft in Japan – auf seinem langen Weg von Indien und China – begann der Zen-Buddhismus, Zen, einen starken Einfluss auf die Entwicklung der japanischen Kultur zu nehmen, und es wurde schließlich Teil der spirituellen und ästhetischen Grundlage Japans. Durch die Praxis verschiedener japanischer Künste wurden viele der moralischen und spirituellen Werte des Zen in Japan gelehrt und weitergegeben.
Während der langen Perioden der selbst auferlegten Isolation Japans entwickelten sich Kunstformen auf eine Art und Weise, die spezifisch japanisch war, und viele dieser Kunstformen waren stark vom Zen beeinflusst.
Spirituelle Übungen
Alle japanischen Kunstformen wie Chado (Teezeremonie), Ikebana (Blumenarrangement), Shodo (Kalligraphie) und sogar Kampfkunst wurden stark von der einzigartigen Philosophie des Zen beeinflusst. Diese Kunstformen wurden von Zen in eine spirituelle Übung verwandelt, die sich auf Ruhe, Einfachheit und Selbstwachstum konzentriert.
In Japan gibt es eine Tradition, Kunst nicht nur um der Kunst willen, sondern auch für spirituelle Zwecke zu studieren. Wenn Kunst mit Zen-Prinzipien im Hinterkopf praktiziert wird, kann sie eine friedliche Reise und eine Art der Selbstkultivierung sein, die zu Ruhe, Gelassenheit und Konzentration führt.
Die Lehre des Zen über die Künste konzentriert sich auf die Bedeutung der Einheit von Geist und Körper, die für die Beherrschung jeder Kunst wesentlich ist. Während Kunst mit einer Zen-Haltung praktiziert wird, bleibt der Geist im Jetzt und ist sich der illusorischen Natur des materiellen Lebens voll bewusst.
„Wenn du etwas tust, dann tue es mit deinem ganzen Körper und Geist.“
Shunryu Suzuki
Es ist wahrscheinlich richtig zu sagen, dass Japan ohne Zen wahrscheinlich nie dieses hohe Maß an Verfeinerung und Kultivierung in der Kunst erreicht hätte.
Zen-Ästhetik oder Wabi-Sabi
Auch wenn Zen ursprünglich aus China importiert wurde, unterscheidet sich sein Sinn für Ästhetik stark von chinesischen Vorstellungen von Schönheit. Zen hat eine einzigartige Ästhetik, die eine große Wertschätzung für Mäßigung, Asymmetrie, Unvollkommenheit, Rustikalität und Natürlichkeit beinhaltet.
Dieses Zen-Ästhetik-Konzept heißt Wabi-sabi, und es sieht Schönheit in Dingen, die unvollkommen, vergänglich und unvollständig sind. So wie der Mensch selbst. In der Kunst manifestiert sich Wabi-sabi in bescheidenen, demütigen, unprätentiösen und geerdeten Kunstwerken.
Wabi-Sabi ist authentisch, bescheiden, demütig und wird tief mit der Liebe zur Natur verbunden. Die Wabi-Sabi-Werte von Ursprünglichkeit, Eleganz, ruhigem Geschmack und raffinierter Schönheit inspirieren japanische Künstler seit Jahrhunderten, und Künstler lassen sich bis heute von diesen Werten inspirieren.
Zen & Harmonie mit der Natur
Die japanische Kultur hat ein harmonisches Verhältnis zur Natur. Die Harmonie mit der Natur ist ein wichtiger Wert im Shintoismus, der einheimischen Religion Japans, und dieser Wert wurde durch Zen verstärkt und mit einem tieferen Sinn versehen. So sind Zen und Kunst in Japan sehr miteinander verbunden.
Zen respektiert die Natur zutiefst und betrachtet sie als heilig. Es versucht nicht, die Natur zu verwalten oder zu kontrollieren, sondern Zen manifestiert sich in einer tiefen spirituellen Verbindung mit der Natur. Dies zeigt sich in verschiedenen japanischen Kunstformen, was sich besonders beim Betrachten von Zen-Gärten bemerkbar macht.
Wer nach Japan reist, wird erstaunt sein, wie sehr die Japaner die Natur schätzen und respektieren, so technikverliebt sie auf der anderen Seite auch sind. Sie wissen, dass der Mensch ein harmonisches Verhältnis zur Natur haben muss, damit die Zen-Werte gedeihen können. Harmonie mit der Natur bedeutet, dass Mensch und Natur als Einheit zusammenleben und die Kraft des anderen annehmen. Zen ermöglicht eine praktische Lösung von Widersprüchen.
Und alles beginnt mit der Meditation auf der Matte …