Abneigung, auch bekannt als Aversion, Ablehnung oder Widerstand, ist eines der fünf klassischen Hindernisse in der Meditation, die unsere Fähigkeit zur inneren Ruhe und Klarheit herausfordern.
Hast du dich jemals dabei erwischt, wie du innerlich gegen eine unangenehme Situation oder gegen störende Gedanken während der Meditation angekämpft hast? Sicher hast du das. Dieses Hindernis manifestiert sich oft in Form von Unzufriedenheit, Ärger, Zorn oder sogar Hass und kann tief in unser tägliches Leben und unsere Meditations-Praxis eingreifen.
Die Natur der Abneigung
Abneigung ist das Gegenteil von Begehren. Während Begehren uns dazu bringt, etwas zu wollen, treibt uns Abneigung dazu, Dinge abzulehnen, zu meiden oder zu bekämpfen. Diese Aversion kann sich gegen alles Mögliche richten – gegen bestimmte Menschen, Situationen, Gefühle, oder sogar gegen uns selbst, (An-)Teile, Eigenschaften, Verhalten von uns selbst und unsere eigenen Gedanken.
Abneigung im Spiegel der Meditation
In der Meditation wird das Hindernis der Abneigung oft durch das Bild des kochenden Wassers dargestellt. Stellen wir uns einen nach Selbsterkenntnis Suchenden vor, der sein Spiegelbild in einem Gefäß mit kochendem Wasser erkennen möchte. Die ständig aufsteigenden Blasen machen es unmöglich, ein klares Bild zu erhalten. Dieses Blubbern im Wasser symbolisiert die innere Unruhe und den emotionalen Aufruhr, die Abneigung in uns hervorrufen kann.
Das breite Spektrum der Abneigung
In der Meditation – und nicht nur dort – umfasst Ablehnung ein großes Spektrum. Sie kann sich in Gedanken der Kritik, des Urteilens oder des Grolls äußern und wird oft von einem Gefühl der Irritation oder des Unmuts begleitet. Diese Gefühle können sich im Alltag in Form von Unzufriedenheit mit der Arbeit, Reizbarkeit im Verkehr oder Frustration in Beziehungen zeigen.
Es kann sehr subtil sein. Wie ein inneres Grummeln oder ein Mäkeln über Kleinigkeiten. „Warum atmet mein Nachbar so hörbar? – Es wäre doch so einfach, ganz ruhig zu atmen“. Oder: „Muss da draußen ausgerechnet jetzt der Rasen gemäht werden?“ Vielleicht auch im Inneren: „Jetzt wäre es doch gut, wenn die Glocke kommt. Mein Knie tut mir weh und ich will nicht weiter sitzen.“ Diese subtilere Art der Ablehnung bemerken wir manchmal gar nicht an den Inhalten, sondern oft am Tonfall, in dem wir diese Gedanken formulieren. So ein leicht essigsaurer Tonfall, oder eine Art Verurteilung.
Und manchmal bleibt es nicht beim Mäkeln und wir begegnen irgendwie etwas Schimpfendem oder großem Groll. Das kann mit Aggression verbunden sein und bis zum Hass gehen.
Hass, Ärger, Zorn, Unmut, Groll, solche Qualitäten im Denken und Fühlen können recht nachhaltig sein. Und weil wir unter dem Einfluss solcher Verfassungen auf die Register in unsere Erinnerung zurückgreifen, in denen ähnliche Erfahrungen abgespeichert sind, können wir so eine Zornesphantasie ganz erstaunlich lange durchhalten.
Vielleicht nicht einmal mehr mit denselben Protagonisten. Die haben sich vielleicht geändert. Aber einfach der Umstand, dass uns etwas geärgert hat, macht uns nachdenken über andere Dinge, die uns geärgert haben. Oder über andere Menschen oder denselben Menschen unter anderen Umständen und so weiter. Und plötzlich haben wir so eine Ärgergeschichte. Und das läuft so weiter. Das Zentrale ist dann die Dominanz des Ärgers.
Gemeinsam aller Ablehnungen über das gesamte Spektrum hinweg ist, dass wir etwas nicht willkommen heißen, keine Akzeptanz dafür aufbringen und in die Abwehr gehen.
Die Wirkung von Abneigung
Abneigung führt oft zu einem Zustand des inneren Widerstandes, der es schwierig macht, im gegenwärtigen Moment präsent zu sein. Diese emotionale Reaktion ist meist eine Abwehr gegen etwas, das wir als unangenehm oder bedrohlich empfinden. Sie kann sich in unserem Körper als Anspannung manifestieren und in unserem Geist als eine Reihe negativer Gedanken, vielleicht sogar ein ganzer Gedankenstrom solcher Gedanken, der Abneigung, Ärger, Wut am Laufen hält oder gar steiger. Wie ein Feuer, welches durch immer weiteres Nachlegen von Holzscheiten weiter brennt.
Diese Qualität des Geistes (Abneigung, Unmut, Unwillen, Groll, Aggression, Zorn, Hass) ist jegliche Sammlung völlig abträglich. Es ist ein großes Hindernis in der Meditation. Viele Menschen mit viel Ärger finden es sehr schwer, sich auf Meditation einzulassen und ihre inneren Zustände wahrnehmend und wohlwollend zu begegnen. Und andererseits es ist kein Geheimnis, dass Menschen mit guter Metta-Praxis es viel leichter finden, den Geist zu sammeln.
„Die Essenz der Meditation liegt darin, dass Freundlichkeit und Mitgefühl auch inmitten von Chaos und Schmerz entstehen können. Nicht, indem wir die Realität verändern, sondern indem wir lernen, sie klar zu sehen.“
(Pema Chödrön)
Es lohnt sich, sich auch diesem Hindernis zu stellen, denn auch die Ablehnung kann in der Meditation verringert und transformiert werden.
Umgang mit Abneigung in der Meditation
Die Bewältigung von Abneigung in der Meditation erfordert ein tiefes Verständnis für die Natur unserer Reaktionen und die Bereitschaft, diese zu beobachten, ohne darauf zu reagieren.
Das Reagieren kann in zwei Richtungen führen. Es kann den Gedanken neues Futter geben, den nächsten Holzscheit ins Feuer legen und es verstärken. Oder eine andere Richtung, in der die Reaktion in den Widerstand zu diesen Gedanken führt. Also die Ablehnung der Ablehnung, was ebenfalls verstärkend wirken kann.
Nicht zu reagieren und die Abneigung in Akzeptanz und Gelassenheit zu hüllen, nimmt ihr die Kraft.
„Lasse Unmut und Hass los, nicht indem du sie verdrängst, sondern indem du sie in ihrer vollen Präsenz erkennst. Verstehen ist der Schlüssel zur Transformation.“
(Ajahn Chah)
Hier sind einige Strategien, die helfen können:
- Beobachtung und Akzeptanz: Nimm wahr, wenn Abneigung aufkommt, und versuche, sie ohne Urteil zu erkennen. Verstehe, dass es eine natürliche menschliche Reaktion ist und erlaube ihr zunächst, da zu sein, ohne sie zu verstärken.
- Rückkehr zum Atem: Nutze deinen Atem als Anker. Jedes Mal, wenn du merkst, dass Abneigung deine Meditation stört, lenke deine Aufmerksamkeit sanft zurück auf den Atem. Vielleicht gelingt es Dir, Dich in Deine Atemaufmerksamkeit hinein zu entspannen. Dann könnte es sein, dass die Abneigung an Kraft verliert und eventuell auch verschwindet.
- Metta-Meditation: Die Praxis der liebenden Güte (Metta) kann besonders wirksam sein, um Gefühle der Abneigung zu transformieren. Indem du anderen (und dir selbst) Wohlwollen und Güte entgegenbringst, kann sich dein Herz öffnen und Abneigung kann nachlassen.
Fazit
Abneigung ist ein starkes Hindernis auf dem Weg der spirituellen Entwicklung, das uns jedoch wichtige Einsichten in unsere tiefsten Ängste und Abwehrmechanismen bieten kann. Durch das wahrnehmende, erkennende Zulassen dieser Abneigungen (Akzeptanz) können wir lernen, unsere Reaktionen zu verstehen und zu mildern. Wir können versuchen diesem „Feuer“ die Nahrung zu entziehen, indem wir Gelassenheit und liebende Güte praktizieren, was zu größerem innerem Frieden führt.
In unserem nächsten Beitrag werden wir das Hindernis der Trägheit untersuchen, das ebenfalls eine bedeutende Rolle in der Meditationspraxis spielt. Bleib dran, um mehr darüber zu erfahren, wie du auch dieses Hindernis erkennen und meistern kannst.
Weitere Beiträge in dieser Reihe:
Hindernisse in der Meditation | Übersicht
Begehren | Hindernisse in der Meditation
Abneigung | Hindernisse in der Meditation
Trägheit | Hindernisse in der Meditation
Unruhe | Hindernisse in der Meditation
Zweifel | Hinderniss in der Meditation