Demut und Achtsamkeit. Während das Konzept der Achtsamkeit allgemein akzeptiert ist (oft aufgrund der erstaunlichen Bemühungen von Zen-Meister Thich Nhat Hanh oder auch Jon Kabat-Zinn), fühlen sich viele mit dem Wort „Demut“ unwohl. Achtsamkeit und Demut sind allerdings eng verbunden.
Demut macht nicht klein
Manchen steht eine soziale Konditionierung im Wege. Demut hat den Touch von Unterwürfigkeit, Abhängigkeit und steht auch im Widerspruch zum Heischen nach Aufmerksamkeit gegenüber anderen. Dies basiert auf einer Verwechslung von Demut mit Schwäche.
Ein berühmtes Beispiel ist der Aufruhr in konservativen Kreisen über die Tatsache, dass Barack Obama sich bei der Begrüßung des japanischen Kaisers Akihito im Jahr 2009 tief aus der Taille verbeugte. Seine kulturelle Sensibilität wurde von vielen Experten und Kolumnisten als Ausdruck von Rückgratlosigkeit angesehen und mit sich klein machen gleichgesetzt.
Demut hält wach
Bei nicht wenigen Menschen ist das eigene Ego so sehr mit Stolz aufgeblasen, dass sie schon eine kleine Verbeugung als Verleugnung ihrer Selbstachtung empfinden. Aber ich glaube nicht, dass dies die ganze Geschichte ist, und das ist in der Tat ein Trugschluss.
Ist eine Verbeugung, ein Zeichen von Demut, wirklich rückgratlos? Ob man dem ehemaligen amerikanischen Präsidenten zustimmt oder nicht, Demut mit „Demütigung“ oder gar „Schwäche“ gleichzusetzen, ist eine unglaubliche Anmaßung. Im Zen gibt es zahlreiche Anlässe für Verbeugungen (Betreten der Meditationsmatte, Beenden der Meditation, …). Diese haben mehrere Funktionen, wie das Aufrechterhalten der eigenen Aufmerksamkeit, das bewusste Tun, aber auch der Demut.
Ohne einen Augenblick der Demut und der Anerkennung unserer eigenen Fehlbarkeit fangen wir allmählich an, uns in allem, was wir denken, sagen und tun, bestätigt zu fühlen. Auch wenn wir andere dabei beeinträchtigen oder gar verletzen. Wir betrachten unser eigenes Handeln nicht als vorwurfsvoll und es gibt keinen Anlass oder keinen Raum dies zu reflektieren. Arroganz und Ignoranz schleichen sich ein. Wenn die Demut stirbt, wird auch die Achtsamkeit sterben.
Thich Nhat Hanh, der kleine, unscheinbare Mann, hatte in seinem Leben Außergewöhnliches geleistet (er wurde mehrfach für den Friedensnobelpreis nominiert). Das alles hat seine Bescheidenheit im Auftreten nicht verändert.
Demut bildet einen Schutz vor falschen Wahrnehmungen über die Welt und die Absichten anderer. Das erlaubt aufrichtiger zu sein. Demut im Denken, Sprechen und Denken nützt einem selbst. Und jede Beziehung, die man sich vorstellen kann, von denen in der Familie bis hin zu bloßen Bekannten, profitiert. Es ist kein Wunder, dass Thich Nhat Hanh ein unglaublich glücklicher und gelassener Mann geblieben ist, selbst nachdem er so viel erlebt hat, dass andere Menschen daran brechen würden.
Demut, Perfektionismus und Akzeptanz
Es ist wichtig, auch zwischen Demut und Unzufriedenheit zu unterscheiden. Eine demütiger Mensch weiß, dass er nicht vollkommen ist. Und die Achtsamkeit bringt uns bei mit diesen (möglicherweise vielen) Fehlern zu sein. Ein unzufriedener Mensch hat keinen Frieden mit seinen Schwächen (auch wenn es nur wenige sind). Intellektuell ist das leicht zu akzeptieren, dass niemand perfekt ist.
Aber die Auswirkungen dieses Klischees sind entmutigend: Menschen können bei jedem Versuch scheitern. Ein demütiger Mensch arbeitet daran und kann frei loslassen, wenn er in mancher Hinsicht versagt. Die Person hingegen, die sich nicht mit ihren eigenen Unvollkommenheiten abgefunden hat, ärgert sich über ihre Fehler und ist gleichzeitig frustriert über andere, die nicht ihrem Anspruch entsprechen. Das ist weniger eine moralische Unvollkommenheit als vielmehr ein Mangel an Achtsamkeit.
Meine Fehlbarkeit anzuerkennen, nützt mir mehr als jedem anderen, weil ich auf meine eigenen Grenzen achte, was sehr wichtig ist. Und ich kann dann auch anderen erlauben mir zu helfen. Letztendlich ist Demut auch eine Form von Mut, die viel Willenskraft und innere Stärke voraussetzt.