Aufmerksamkeitssteuerung, als unsere Fähigkeit unsere Aufmerksamkeit gezielt und bewusst zu steuern, ist eines der Grundmerkmale, dass das Menschsein ausmacht. Menschen können ihre Aufmerksamkeit willentlich ausrichten, und nicht nur unwillkürlich, automatisch auf unmittelbare äußere Reize reagieren. Menschen können ihre Aufmerksamkeit sowohl auf innere als auch äußere Objekte ausrichten – dies erlaubt uns im Idealfall sowohl präsente, als auch gut zentrierte, reflektierte Individuen zu sein.
Aufmerksamkeitssteuerung
Unsere Aufmerksamkeitssteuerung basiert auf drei verwandten und eng miteinander verbundenen neuronalen Netzwerken in unserem Gehirn:
- Alerting network (Wachheitsnetzwerk) – grundlegendes Gewahrsein; es sorgt dafür, einen Zustand hoher Wachsamkeit für eintreffende Reize zu erreichen und aufrecht zu erhalten
- Orienting network (Orientierungsnetzwerk) – charakterisiert durch die adäquate Auswahl der Information aus all den eintreffenden Sinnesreizen
- Executive control network (ausführendes Kontrollnetzwerk) – bezieht sich auf Mechanismen, mit Hilfe derer widersprüchliche Tendenzen in unseren Gedanken, Gefühlen und Reaktionen aufgelöst werden können.
Aufmerksamkeitskontrolle
Aufmerksamkeitskontrolle bezieht sich auf das individuelle Vermögen zu entscheiden, wem oder was wir Aufmerksamkeit schenken, und was wir ignorieren. Vereinfacht kann man Aufmerksamkeitskontrolle als das individuelle Konzentrationsvermögen beschreiben. Die Aufmerksamkeitskontrolle wird als eng verwandt mit anderen sogenannten exekutiven Funktionen, wie z.B. dem Arbeitsgedächtnis, gesehen. In vielen Traditionen gilt die Aufmerksamkeitskontrolle als eine der zentralen Fähigkeiten eines gebildeten Menschen:
“Die Fähigkeit eine abschweifende Aufmerksamkeit freiwillig immer wieder zurück zu bringen, ist die Grundlage von Urteilsvermögen, Charakter und Willen. Niemand ist der Meister seines Selbst, wenn er dies nicht vermag. Eine Erziehung, die diese Fähigkeit schulte, wäre die Erziehung par excellence. Aber es ist einfacher dieses Ideal zu beschreiben, als praktische Anweisungen für die Umsetzung zu geben.“
William James, 1890 (US-amerikanischer Psychologe)
Die moderne Forschung legt nahe, dass die Fähigkeit zur Aufmerksamkeitskontrolle in der heutigen Gesellschaft abnimmt. Eine Studie geht sogar so weit, zu behaupten, dass während der Internetnutzung unsere Aufmerksamkeitsspanne auf 9 Sekunden (!) sinkt – auf die eines Goldfisches.
Aber im Gegensatz zu William James, haben wir jetzt gelernt, dass man seine Aufmerksamkeit sehr wohl trainieren kann, und dass dies einer der zentralen Aspekte der Achtsamkeitspraxis ist.
Achtsamkeitsübungen und als solche auch die Meditation schulen und trainieren die Aufmerksamkeitssteuerung. Sie dienen also – nicht nur, aber auch – unserem Urteilsvermögen, Charakter und Willen.