Kopfkino – und der Umgang damit

Kopfkino

Kopfkino – Und der Umgang damit in der Meditation

Kopfkino – und der Umgang damit

Kopfkino. Sobald ich mich hinsetzte, beginnt das Kopfkino. Eine der häufigsten Fragen, die in der Meditationspraxis aufkommen, ist: Wie kann ich mit meinen Gedanken, mit dem Kopfkino, umgehen, das mich ständig bei der Meditation stört?

Wer mit der Meditation anfängt, wird feststellen, dass er geradezu von einem Sturm an Gedanken überfallen wird. Das hat jedoch nichts damit zu tun, dass wir nun plötzlich mehr denken würden, sondern vielmehr damit, dass wir uns der Gedankenflut bewusst werden.

Nicht von ungefähr vergleicht die buddhistische Psychologie unseren unruhigen Geist mit einer Affenhorde, die immer dann besonders wild und laut wird, wenn wir uns für eine ruhige Achtsamkeitsübung entscheiden.

Sie ziehen vorbei wie nächtliche Schatten

Es ist durchaus nützlich, einmal sehr nüchtern über Gedanken zu reflektieren, um ihnen damit etwas von der Bedeutung zu nehmen, die wir ihnen gewöhnlich beimessen. Für Neurobiologen sind Gedanken elektronische Impulse, die man messen kann. Die Produktion von Gedanken ist eine Gehirnaktivität, die in bestimmten Teilen des Gehirns registriert werden kann.

Gedanken kommen und gehen – Kopfkino

Unser Gehirn produziert Gedanken, ebenso wie unsere Drüsen Hormone produzieren, um dadurch bestimmte Körperprozesse zu regulieren. Wir kämen nicht auf die Idee, diese Drüsen davon abhalten zu wollen, Hormone zu produzieren. Das ist schließlich ihre Aufgabe.

Ebenso ist es die Aufgabe des Geistes, Gedanken zu produzieren. Weshalb also sollten wir ihn davon abhalten? Der Versuch das Kopfkino, Gedanken aufzuhalten, ist in der Realität sowieso zwecklos. Daher lassen wir sie in der Achtsamkeitsübung kommen und gehen, so wie Geräusche kommen und gehen, Empfindungen kommen und gehen, Emotionen kommen und gehen, Schmerzen kommen und gehen.

Gedanken ziehen lassen wie Wolken am Himmel

Es wurden zahlreiche Meditationsanweisungen entwickelt, um mit diesen „elektronischen Impulsen“ umzugehen. Manche raten dazu, Gedanken wie Wolken über den Himmel ziehen zu lassen, andere dazu, sich den Geist als eine Art Leinwand vorzustellen, über die die Gedanken wie Bilder hinwegziehen.

Eine andere Möglichkeit ist das „Touch and Go“. Stell dir vor, Du musst deinen Zug noch erwischen, der bereits zur Abfahrt bereit steht und in wenigen Momenten losfährt. Auf dem Bahnsteig, kurz vor deinem Einstieg, kommt dir ein guter Bekannter entgegen. Du hast gerade Zeit für einen Blickkontakt, ein kurzes Berühren an der Schulter, dann musst du ohne die Plauderei, die sich sonst einstellen würde, in den Zug.

„Touch and Go“ – ein kurzer Kontakt und dann wieder loslassen und den Weg weitergehen. So kann man dies auch mit den Gedanken in der Meditation machen. Kurz erkennen: Ah, das ist ein Gedanken. Jetzt aber nicht. Zurück auf meinen Weg, z.B. die Atembetrachtung.

Zwischen zwei Gedanken gibt es eine Lücke. Manchmal eine sehr kurze Zeit, wo der eine Gedanken zu Ende ist und ein neuer noch nicht begonnen hat. Diese Lücke zwischen zwei Gedanken größer werden lassen, das ist Meditation.

Wir haben Gedanken – Aber wir sind nicht unsere Gedanken

Weshalb geben uns die Weisheitstraditionen solche Anleitungen mit auf den Weg? Es geht ihnen in erster Linie darum, uns zu befähigen, Abstand von unseren Gedanken zu gewinnen. Und uns damit zu der Einsicht zu verhelfen, dass wir Gedanken haben, dass wir aber nicht die Gedanken sind. Wir sind in der Regel so identifiziert mit unseren Gedanken, dass wir sie nur allzu oft mit der Realität verwechseln. Wir glauben, dass unsere Gedanken die Wirklichkeit abbilden, und vergessen, dass sie nur eine mögliche Perspektive unter zahllosen anderen sind. Vielleicht nur eine Geschichte, die wir uns selbst erzählen.

Wie oft fragen wir uns schon, ob das, was wir gerade denken, auch wirklich stimmt? Und wie of stellen wir uns diese Frage nicht und nehmen die Gedanken als Realität. Gedanken können, wenn wir sie nicht reflektieren, eine große Macht über uns erhalten und uns völlig von sich in Besitz nehmen. Nur indem wir immer wieder bewusst Abstand zu ihnen gewinnen, können wir uns ihrem Sog entziehen.

Beobachten, nicht damit identifizieren

Da wir uns in unseren Gedankengebäuden häuslich eingerichtet haben, ist es alles andere als einfach, Abstand von unseren mentalen Bewegungen zu gewinnen. In der Meditation üben wir daher, den Gedankenprozess zu beobachten. Wir unterbrechen immer wieder bewusst die Gedankenkette, kehren freundlich mit uns selbst zurück zum Atem und üben uns darin, aus dem Kreislauf der Identifikation mit unseren Gedanken herauszutreten.

Doch wie schaffen wir es, uns nicht unablässig in Gedanken zu verlieren? Indem wir die Funktion eines Beobachters einnehmen. Wie der Besucher in unserem eigenen Kopfkino beobachten wir, wie die Gedanken kommen und gehen, ohne dass wir uns in sie hineinziehen lassen. „Touch and Go“.

Wir entscheiden, uns nicht mit deren Inhalt zu beschäftigen. Wir erkennen zwar, dass da Gedanken sind, identifizieren uns jedoch nicht damit. Je öfter uns dies in der Meditation gelingt, desto kraftvoller wird unsere Meditationspraxis.

Anfreunden, nicht verlieben!

Wohlgemerkt – in der Meditation geht es keineswegs darum, mit dem Denken aufzuhören. Das ist ein weit verbreitetes Missverständnis. Gerade Anfänger glauben, dass es der Sinn der Meditation sei, von Gedanken frei zu werden, um so einen stillen Geist zu erlangen. Viel Glück dabei …!

Wer das versucht, wird sehr schnell ernüchtert feststellen, dass es sowieso nicht gelingt. Darin liegt auch nicht das Ziel der Meditation. Vielmehr geht es darum anzuerkennen, dass Gedanken ein essenzieller Bestandteil unseres Lebens sind und dass es daher auch keinen Sinn macht, gegen diese anzukämpfen. Anschaulich ausgedrückt könnten wir sagen: Es geht darum, sich mit seinen Gedanken anzufreunden, ohne sich dabei in diese zu verlieben. Dann gibt es die Chance, dass sich der Gedankenstrom beruhigt.

Ablenkungsmanöver durchschauen

Meditation bedeutet aber auch nicht, dass wir nun einfach über alles Mögliche nachdenken könnten. Manche Menschen nutzen die Zeit der Meditation als eine Gelegenheit, über Ereignisse zu reflektieren und ihr Leben zu planen. Das ist durchaus verständlich, denn die ungestörte Zeit auf dem Meditationskissen bietet sich dafür förmlich an.

Doch das ist nicht der Sinn der Sache und ganz sicher keine Meditation oder Achtsamkeitspraxis. Denn in dieser geht es darum, aus der Gedankenkette herauszutreten und immer wieder zu erkennen, wenn wir in unseren Gedanken verloren gegangen sind.

Bereits der Gedanke, man könnte in der Meditation wichtige Dinge reflektieren, ist ein Ablenkungsmanöver unseres Geistes. Während der Meditation gibt es nichts, worüber es sich lohnen würde, nachzudenken. In vielen anderen Bereichen unseres Lebens schon, doch nicht während der Meditation. Meditation ist gerade die Entscheidung, den Verstand für eine Zeit beiseite zu legen.

In ihr geht es darum, das stille, klare Bewusstsein im gegenwärtigen Moment zu unterstützen und zu stärken. Diese Präsenz gilt es zu pflegen, damit wir sie immer mehr in unserem täglichen Leben verankern können. Sie wird zum Fundament unseres Alltags und trägt uns auch durch hektische und schwierige Zeiten.

Quelle: Linda Lehrhaupt, Die Wellen des Lebens reiten – Mit Achtsamkeit zu innerer Balance; mit eigenen Ergänzungen

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