Emotionale Selbststeuerung macht den Unterschied

Emotionale Selbststeuerung
Emotionale Selbststeuerung macht den Unterschied

Emotionale Selbststeuerung ist eine wichtige Voraussetzung, um mit anderen und auch mit sich selbst gut umzugehen. Es ist die Frage, ob wir einen guten Umgang mit unseren Gefühlen und Emotionen pflegen, oder ob wir von unseren Emotionen gesteuert werden. Das kann ein ganzes Leben prägen oder auch verändern.

Emotionen unterdrücken ist keine gute Strategie

Emotionen sind wichtig und hilfreich. Sie geben uns Informationen über unsere Umwelt und unseren inneren Zustand. Manchmal auf eine sehr subtile Weise. Und manchmal überfluten sie uns. Sie sind dabei meist sehr viel schneller als die Gedanken, die wir uns zu unserer Situation machen. Und sie beeinflussen diese Gedanken und unsere Gestimmtheit. Emotionen bei Seite schieben oder gar ignorieren und unterdrücken ist keine gute Strategie. Sie bleiben dann nämlich einfach bestehen, zumindest im Hintergrund.

Emotionen haben einen großen Einfluss

Ganz gleich ob im Beruf, in der Familie oder mit ganz fremden Menschen. Wenn wir unsere Emotionen nicht gut selbst steuern können, dann werden die Emotionen diese Begegnungen ganz wesentlich steuern. Und wir bekommen das im schlimmsten Fall nicht einmal mit, sind aber mit den Ergebnissen konfrontiert.

Belastende Emotionen schränken unsere Bandbreite zu agieren und zu reagieren deutlich ein. Im beruflichen Kontext senken sie Effektivität und Produktivität. In Beziehungskontexten belasten sie unsere Selbstbeherrschung und eine klaren Blick auf Situationen.

Was ist Emotionale Selbststeuerung?

Emotionale Selbststeuerung ist die Fähigkeit, mit schwierigen oder störenden Emotionen umzugehen und klar im Handeln zu bleiben, auch in Stresssituationen. Du hast bemerkt, dass ich „umgehen“ gesagt habe, was sich von der Unterdrückung von Emotionen unterscheidet. Wir brauchen unsere Gefühle. Manche Emotionen sind das, was das Leben reich macht. Aber wir müssen uns auch den Raum und die Zeit nehmen, um schwierige Emotionen zu verarbeiten Der Kontext ist dabei wichtig.

Es ist eine Sache, Emotionen in einem herzlichen Gespräch mit einem guten Freund ihren Lauf zu lassen. Und eine ganz andere, zum Beispiel Wut oder Frustration bei der Arbeit freien Lauf zu lassen. Die Konsequenzen können unterschiedlicher kaum sein. Mit emotionaler Selbststeuerung kannst einen guten Umgang mit destabilisierenden Emotionen finden und dabei ruhig und klar bleiben.

Warum ist emotionale Selbststeuerung wichtig?

Um die Bedeutung der emotionalen Selbststeuerung oder emotionaler Kontrolle zu verstehen, hilft ein wenig Verständnis über die Funktionsweise unseres Gehirns. (Ein gutes Buch dazu ist Daniel Golemans: EQ. Emotionale Intelligenz).

Im Bauplan unseres Gehirns nimmt ein Areal, die Amygdala (deutsch: Mandelkern), bei der Erkennung von Gefahren, im Stress-Mechanismus und eben auch bei Emotionen eine besondere Bedeutung zu. Sie ist eine Art Radar im Gehirn für Bedrohungen. Und eine der vordringlichsten Funktionen des Gehirns ist das Sichern des Überlebens.

Mögliche Bedrohungen werden zuerst in der Amygdala registriert. Sie ist dann so privilegiert, dass sie die ganze Steuerung unseres Gehirns sofort übernimmt. Sie kapert dann die Steuerung, weshalb man dies auch Amygdala-Hijack nennt.

Während einer solchen Kaperung ist alles auf die Bedrohung ausgerichtet. Für Fähigkeiten wie Analysieren, Nachdenken, Priorisieren, Lernen oder rationale Entscheidungen treffen bleiben keine Ressourcen mehr frei. Wir reagieren dann in einer Art Autopilot, spulen automatisiertes Verhalten oft instinktiv ab. Von bewusster Selbststeuerung bleibt in solchen Situationen kaum etwas übrig.

Die ganze Aufmerksamkeit geht auf die Bedrohung. Das ist und war in der Evolution als Überlebensmechanismus sehr gut und sehr tauglich. Heute kommen Bedrohungen sehr viel seltener als Raubtier um die Ecke. Bedrohungen heute sind verbale Angriffe in einem Gespräch, Bloßstellung durch einen Kollegen, die Herausforderung einer sehr schwierigen Aufgabe, etc.

Wenn solche Phänomene einen Amygdala-Hijack auslösen, geht die Konzentration in den Keller. Reaktionen finden dann von der emotionalen Ebene, nicht mehr von einer rationalen Ebene, aus statt. Alle Energie fließt in die Bedrohung oder emotionale Belastung.

Die Amygdala ist dabei unheimlich schnell. Um ein Vielfaches schneller als die rationale Zentrale im Gehirn. Diese Geschwindigkeit hat einen Preis: Genauigkeit. Sie schlägt bereits bei sehr wenigen Signalen an, ohne das komplette „Bild“ der Gesamtheit aller Wahrnehmungen aus anderen Hirnbereichen abzuwarten.

Deswegen schläft die Amygdala viel häufiger an und löst Alarm aus, als dies notwendig wäre. Sie macht oft Fehler, besonders im modernen Leben, wo die „Gefahren“ symbolische und nicht physische Bedrohungen sind. Also überreagieren wir, was wir dann oft auch bereuen.

Die Auswirkung geringer emotionaler Selbststeuerung

Forschung auf der ganzen Welt und in vielen Branchen bestätigt die Wichtigkeit emotionaler Selbststeuerung. Gut erforscht ist die Bedeutung bei Führungskräften. Australische Forscher fanden heraus, dass Führungskräfte mit guter emotionaler Selbststeuerung deutlich bessere Ergebnisse erzielen.

Andere Untersuchungen zeigen, dass sich Mitarbeiter oft sehr lebhaft an negative Begegnungen mit ihrem Vorgesetzten erinnern. Und nach solchen negativen Interaktionen fühlen sie sich demoralisiert und wollten nichts mehr mit diesem Chef zu tun haben. Das ist nachvollziehbar und lässt sich auch auf außerberufliche Kontexte übertragen.

Wie man emotionale Selbststeuerung entwickelt

Wie können wir emotionale Kaperungen minimieren? Zuerst müssen wir eine weitere emotionale Intelligenzkompetenz nutzen, die emotionale Selbsterkenntnis oder das emotionale Selbstbewusstsein. Das beginnt damit, dass wir auf unsere inneren Signale achten. Unsere Aufmerksamkeit auf unsere Wahrnehmung lenken und erkunden und registrieren können, was in uns im Moment gerade vor sich geht.

Das ist eine Umschreibung von Achtsamkeit oder Mindfulness. Eine gut ausgebildete, trainierte Achtsamkeit lässt uns sehr früh  – eine Anwendung der Achtsamkeit, die uns unsere zerstörerischen Emotionen sehen lässt, den Anflug von Veränderungen wahrnehmen und erkennen. Oft bereits vor die Amygdala mit der Kaperung der Steuerungszentrale Erfolg hatte.

Wenn du nicht bemerkst, dass deine Amygdala den rationaleren Teil deines Gehirns entführt, gekapert hat, dann ist es schwer, das emotionale Gleichgewicht wiederherzustellen, bis die Entführung ihren Lauf genommen hat. Viel besser ist es, dies stoppen zu können, bevor es zu weit geht.

Hast Du Dich in Achtsamkeit geschult – zum Beispiel durch regelmäßige Meditation – , dann kannst Du die ablaufenden Prozesse im Entstehen beobachten: „Da entsteht gerade Wut. Ich beginne wütend zu werden.“ Wenn Du die Anzeichen kennst (Deine Schultern spannen sich an, im Magen hast Du ein Gefühl, etc.), dann ist es sehr viel einfacher, die Kaperung zu stoppen oder eine Reaktion im Autopilot-Modus zu verhindern.

Du bleibst dann auch in der Fähigkeit analysieren, priorisieren, nachdenken zu können und von einer überlegten, rationalen, Ebene aus zu agieren. Vielleicht auch nicht zu reagieren.

In der akuten Situation helfen einige tiefe Atemzüge und das Re-Fokussieren auf den Atem. So wie wir das auch in der Meditation in einem MBSR Kurs tun. Darauf kommen wir in der Situation natürlich nur, wenn uns eine bereits erworbene Achtsamkeit die Möglichkeit dazu gibt.

Wenn uns diese Option – diese Methode zu reagieren, uns emotional zu steuern – nicht durch regelmäßige Übung zur Verfügung steht, dann können wir sie in der Situation nicht aus heiterem Himmel aufrufen. Emotionale Selbststeuerung und die Achtsamkeit sind eine Kompetenz, die erübt werden kann … und muss, wenn man sie einsetzen möchte.

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